Heute sind sie in aller Munde: Kunststoffe. Ohne sie wäre das moderne Leben gar nicht mehr denkbar: Kunststoffverpackungen sorgen für lange Haltbarkeit von Lebensmitteln, temperaturbeständige Kunststoffe ermöglichen leichte Fahrzeuge und E‑Mobilität, Kabelummantelungen schützen empfindliche Elektroleitungen – um nur einige Beispiele zu nennen. Ein Blick auf Grafik 1 zeigt, in welchen Branchen das Produktionsvolumen von 54 Mio. Tonnen Kunststoffen in Europa im Jahr 2022 gelandet ist.
Grafik 1: Kunststoffproduktion in Europa im Jahr 2022
Quelle: Plastics Europe
Ursprung von Kunststoffen
Dabei ist dieser Werkstoff noch gar nicht so alt. Erst 1920 hat Hermann Staudinger das Konzept der langkettigen Makromoleküle erkannt. Diese Entdeckung war der Startschuss für eine Werkstoffgruppe, die sich rasant entwickelt hat. In nur gut 100 Jahren sind über 200 unterschiedliche Kunststoffe entstanden.
Dabei ist Kunststoff jedoch nicht gleich Kunststoff. Allen gemein sind die langkettigen Kohlenstoffverbindungen – manchmal nebeneinander angeordnete Ketten, ein anderes Mal verknäult oder in Ringen. An den Kohlenstoffketten hängen häufig noch weitere Moleküle. Sie beeinflussen neben der Länge und Struktur der Kohlenstoffkette die Eigenschaften des Kunststoffs stark.
Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste
Grundsätzlich lassen sich Kunststoffe in drei Kategorien unterteilen: Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste. Thermoplaste gehen durch den Eintrag von Wärme in einen fließfähigen, plastischen Zustand über und lassen sich leicht verarbeiten. Zu ihnen zählen unter anderem Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC), Polyamide (PA), Polycarbonate (PC) oder Polyethylenterephthalat (PET). Elastomere wie Gummi und Kautschuk sind sehr elastisch. Sie lassen sich nicht schmelzen, denn ihre Makromoleküle sind an einigen Stellen miteinander verbunden und bilden ein weitmaschiges räumliches Netz. Bei den Duroplasten haben sich die Makromoleküle in allen Raumrichtungen eng miteinander vernetzt. Dadurch sind sie sehr hart und nicht schmelzbar. Duroplaste entstehen aus zwei flüssigen Ausgangsprodukten, die miteinander reagieren. Zu ihnen zählen beispielsweise Polyurethane (PUR) oder Epoxidharze.
Thermoplastische Kunststoffe
In zahlreichen Anwendungen sind Thermoplaste der Kunststoff der Wahl. Sie lassen sich gut verarbeiten und bringen – abhängig vom jeweiligen Thermoplast und seinen Zusatzstoffen – ein breites Eigenschaftsspektrum mit. Das ist wichtig, denn im „wahren Leben“ kommt es auf diese an: Welche Temperaturen hält der Thermoplast aus, wie stabil ist er, welche Gleiteigenschaften hat er, wie lässt er sich zum gewünschten Produkt verarbeiten und – ebenfalls nicht ganz unwichtig – was kostet er? Aus diesem Bündel an Herausforderungen hat sich die sogenannte Kunststoffpyramide entwickelt. Hier lässt sich auf einen Blick erkennen, welcher Thermoplast für eine bestimmte Anwendung in Frage kommen. Eingeteilt ist die Kunststoffpyramide in Standardthermoplaste, Technische Thermoplaste und Hochleistungsthermoplaste.
Grafik 2: Kunststoffpyramide: Die Leistungsfähigkeit der Materialien nimmt von unten nach oben auf der y‑Achse zu, das Produktionsvolumen ab.
Quelle: Wikipedia
Während sich an der Spitze der Pyramide Hochleistungsthermoplaste tummeln, die nicht selten 300 °C ertragen, spielen die Standardthermoplaste wie PE oder PS in der 80 °C‑Liga. Aus High-End-Kunststoffen wie PAI entstehen häufig Präzisionsteile für elektronische oder medizinische Geräte. Bauteile aus PEEK kommen in Getrieben, Zahnrädern oder Dichtungen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie zum Einsatz. Standardthermoplaste machen den Löwenanteil der Kunststoffe aus. Von der Verpackung über Stoßfänger, Armaturenbretter, Verkleidungen im Caravan oder Zug bis hin zu Haushaltsgeräten. Eine große Klasse an Kunststoffen umfassen die technischen Thermoplaste. Der Name verrät es: Viele von ihnen kommen in technischen Produkten zum Einsatz, denn sie liegen von ihrer Performance im Mittelfeld zwischen Pyramidenspitze und ‑basis. Anwendungen auf dem Bau, im Motorraum für Kraftstofftanks und ‑leitungen, Strukturbauteile der Karosserie oder Lampengehäuse sind typische Einsatzgebiete für PA und POM. PC und PMMA kommt oft als Glasersatz bei Leuchten, Linsen, medizinischen Anwendungen zum Einsatz. Die Temperaturbeständigkeit der Technischen Thermoplaste liegt je nach Werkstoff zwischen ‑60 °C bis hin zu Temperaturpeaks von 260 °C. Wenig überraschend ist der Fakt, dass die Werkstoffe an der Spitze sehr teuer sind; je weiter es an die Basis der Pyramide geht, sinkt der Preis entsprechend.
Produktionsvolumen von Kunststoffen steigt weltweit
Hochleistungsthermoplaste und Technische Thermoplaste kommen immer nur dann zum Einsatz, wenn die Standardwerkstoffe den Anforderungen im täglichen Einsatz nicht gewachsen sind. Die Menge der weltweit produzierten Kunststoffe spiegelt das wider. 400,3 Mio. Tonnen Thermoplaste wurden 2022 weltweit hergestellt, gut 63% davon gehören zu den Standardkunststoffen (vergl. Graphik 3). Je höher es in der Kunststoffpyramide geht, desto geringer ist der Marktanteil.
Grafik 3: Kunststoffproduktionsvolumen weltweit im Jahr 2022
Quelle: Plastics Europe
Die weltweit produzierte Kunststoffmenge ist in den letzten 70 Jahren sehr stark gestiegen. Waren es laut Statista 1950 gerade mal 1,5 Mio. Tonnen weltweit, sind es heute fast 270 Mal so viel. Die Treiber dieses Anstiegs liegen in Asien, vor allem China. In Europa stagniert die Menge der erzeugten Kunststoffe in den letzten zehn Jahren.
Kunststoffrecycling gegen Plastikverschmutzung
Unendlich viele Anwendungen sind ohne Kunststoffe nicht denkbar. Und dennoch wohnt den Makromolekülen ein Fluch inne: Ihre Lebensdauer ist extrem lang. Eine Plastiktüte braucht laut Angaben des NABU 20 Jahre, bis sie zerfällt, eine Plastikflasche sogar 450 Jahre und eine Angelschnur bleibt bis zu 600 Jahre im Meer bestehen. Endlose Plastikteppiche auf den Ozeanen machen die Problematik überdeutlich. Aus diesem Grund ist das Kunststoffrecycling von Kunststoffen und der Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft unverzichtbar. Wie in Grafik 3 zu sehen ist, basieren heute 9,5 % der Kunststoffe auf Recyclingware. Wir als ENNEATECH sind der Überzeugung, dass dies zu wenig ist. Mit unseren Polyamiden auf Recyclingbasis leisten wir einen Beitrag zu einer nachhaltigeren, klima- und umweltfreundlicheren Kunststoffproduktion.